Die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR): Was Unternehmen jetzt wissen müssen!
Nathalie Unger
Die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) im Überblick
Die EUDR ist eine neue gesetzliche Regelung der Europäischen Union, die Unternehmen verpflichtet, sicherzustellen, dass ihre Produkte nicht zur Entwaldung beitragen, bevor sie in den Markt gelangen. Konkret zielt die Verordnung darauf ab, den Beitrag der EU zur globalen Entwaldung und Waldschädigung zu minimieren sowie die Treibhausgasemissionen und den weltweiten Biodiversitätsverlust zu verringern.
Am 29. Juni 2023 trat die Verordnung (EU) 2023/1115 über entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) in Kraft. Ursprünglich war vorgesehen, dass die Anforderungen der EUDR ab dem 30. Dezember 2024 umgesetzt werden müssen. Aufgrund von Umsetzungsherausforderungen wurde die Frist jedoch um ein Jahr verschoben. Marktbeteiligte haben nun bis zum 30. Dezember 2025 Zeit, den neuen Sorgfaltspflichten der EUDR gerecht zu werden. Unter bestimmten Voraussetzungen haben Kleinst- und kleine Unternehmen ab dem 30. Juni 2026 den neuen Pflichten nachzukommen.
Was genau wird bei der EUDR reguliert?
Die Verordnung konzentriert sich auf sieben relevante Rohstoffe, die weltweit die größte Entwaldung verursachen:
Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalmen, Kautschuk, Sojabohnen und Holz.
Diese Rohstoffe und die daraus hergestellten gelisteten Produkte dürfen nur in Verkehr gebracht, auf dem Markt bereitgestellt oder exportiert werden, wenn sie entwaldungsfrei sind, gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt wurden und eine Sorgfaltserklärung vorliegt.
Die Einstufung, ob ein Produkt unter die EUDR fällt, erfolgt auf Basis der Harmonisierten Codes (HS-Codes). Unternehmen sollten daher prüfen, ob ihre Produkte unter die in der Verordnung gelisteten HS-Codes fallen, um die regulatorische Relevanz sicher zu bestimmen.
Was bedeutet die EUDR für mittelständische Unternehmen?
Anders als bei der CSDDD sind alle mittelständischen Unternehmen nicht von der EUDR ausgenommen und müssen die gleichen Sorgfaltspflichten erfüllen wie größere Unternehmen. Kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) sind genauso von der EUDR betroffen, allerdings mit einigen Vereinfachungen. Das bedeutet für Unternehmen, dass sie den Nachweis erbringen müssen, dass ihre Produkte nicht aus illegalen Quellen stammen und nicht aus Flächen kommen, auf denen nach dem Stichtag, dem 31. Dezember 2020, Entwaldung oder Walddegradation stattgefunden hat.
Dieser Nachweis umfasst die gesamte Lieferkette, beginnend bei der Rohstoffgewinnung bis hin zum fertigen Produkt. Dazu sind detaillierte Informationen über das Erzeugerland, die Geolokalisierung aller Grundstücke, die gehandelte Menge und eine genaue Beschreibung der Produkte erforderlich.
Berichts- und Nachweispflicht
Für jedes betroffene Produkt müssen Unternehmen detaillierte Berichte über ihre Lieferketten vorlegen und nachweisen, dass ihre Produkte nicht zur Entwaldung oder Waldschädigung beitragen. Dies umfasst:
- Informationsanforderungen: Unternehmen müssen Informationen, Unterlagen und Daten sammeln, die die Konformität der relevanten Erzeugnisse belegen und die Herkunft ihrer Produkte bis zur Quelle zurückverfolgen lassen.
- Risikobewertung: Eine Bewertung der Entwaldungsrisiken in der Lieferkette muss durchgeführt werden.
- Risikominderungsmaßnahmen: Falls Risiken identifiziert werden, müssen Maßnahmen zur Risikominderung ergriffen werden.
- Einreichung einer Sorgfaltserklärung
Die genauen Verpflichtungen hängen davon ab, ob das Unternehmen die Produkte zum ersten Mal in der Union bereitstellt oder ausführt (Marktteilnehmer) oder ob es sich um ein Produkt handelt, das bereits bereitgestellt wurde (Händler). Diese Anforderungen gelten auch für Unternehmen, die relevante Produkte von Lieferanten innerhalb der EU beziehen oder diese in der EU produzieren (z. B. Forstwirtschaft). In solchen Fällen ist der EU-Lieferant oder EU-Produzent selbst verpflichtet, eine Sorgfaltserklärung für das Produkt zu erstellen.
Ein weiterverarbeitendes Unternehmen (sog. nachgelagerter Marktteilnehmer) kann sich zwar formal auf die Erklärung des Lieferanten oder Produzenten stützen, bleibt aber rechtlich dafür verantwortlich, dass die übermittelten Informationen korrekt und vollständig sind. Das bedeutet: Auch wenn der eigene Lieferant EUDR-konform handelt, muss das Unternehmen ein eigenes Due-Diligence-System implementieren, um die Einhaltung der EUDR im Bedarfsfall belegen zu können.
Diese Anforderungen gelten auch, wenn ein Unternehmen Produkte von einem Lieferanten innerhalb der EU bezieht. In diesem Fall ist der Lieferant selbst betroffen, und es muss sichergestellt werden, dass der Lieferant den Nachweis gemäß EUDR erbringen kann. Das Unternehmen kann sich auf die Sorgfaltserklärung des Lieferanten verlassen, ist aber selbst für die Konformität der Daten verantwortlich und muss ein eigenes Due-Diligence-System haben.
Risikoklassifizierung von Ländern
Die EU-Kommission hat ein Benchmarking-System eingeführt, das Länder in drei Risikokategorien einteilt: niedrig, standard und hoch. Diese Einstufung beeinflusst den Umfang der Sorgfaltspflichten und die Häufigkeit von Kontrollen.
Aktuell gelten nur vier Länder – Belarus, Myanmar, Nordkorea und Russland – als Hochrisikoländer. Importe aus diesen Ländern unterliegen den strengsten Prüfungen. Länder wie Brasilien und Indonesien wurden trotz hoher Entwaldungsraten als Standardrisiko eingestuft, während die USA als Niedrigrisikoland gelten.
Für Produkte aus niedrigrisikoländereinstuften Regionen gelten vereinfachte Anforderungen: Unternehmen müssen weiterhin eine Sorgfaltserklärung abgeben, sind jedoch von der Risikoanalyse und Risikominderungspflicht befreit. Dies kann die operative Umsetzung erheblich erleichtern – insbesondere für KMU.
Konsequenzen bei Nicht-Einhaltung
Die Nichteinhaltung der EUDR kann erhebliche Konsequenzen haben, darunter:
- Korrekturmaßnahmen: Diese umfassen mindestens die Behebung formeller Verstöße, aber auch die Verhinderung des Imports, Exports oder Verkaufs sowie die sofortige Rücknahme oder der Rückruf der Waren.
- Verkaufsverbote: Produkte, die nicht den EUDR-Vorgaben entsprechen, dürfen nicht auf den EU-Markt gebracht werden.
- Strafen: Unternehmen, die gegen die EUDR verstoßen, können mit empfindlichen Geldstrafen belegt werden. Sie werden vorübergehend von der Vergabe öffentlicher Aufträge und vom Zugang zu öffentlicher Finanzierung, einschließlich Ausschreibungsverfahren, Finanzhilfen und Konzessionen, ausgeschlossen und auf der Website der Kommission gelistet. Der vorgeschriebene Höchstbetrag der Geldstrafe beträgt mindestens 4 % des unionsweiten Gesamtumsatzes des Unternehmens im Vorjahr und kann gegebenenfalls so erhöht werden, dass er höher als der potenzielle Gewinn ist.
Erste Schritte und Maßnahmen zur EUDR-Compliance
Um sich auf die EUDR vorzubereiten, sollten Unternehmen folgende Schritte unternehmen:
- Analyse der Lieferkette: Unternehmen sollten ihre Lieferketten auf Produkte und Rohstoffe überprüfen, die von der EUDR betroffen sein könnten.
- Einbeziehung des Vorstands und der Compliance Officer: Es sollten genügend Ressourcen bereitgestellt und Ziele sowie Verantwortungen innerhalb des Unternehmens festgelegt werden.
- Zusammenarbeit mit Lieferanten: Unternehmen sollten eng mit ihren Lieferanten zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass diese ebenfalls EUDR-konform sind und um die erforderlichen Informationen für jedes betroffene Produkt zu sammeln.
- Implementierung eines Sorgfaltspflichtsystems: Ein robustes System zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten sollte eingerichtet werden. Dies umfasst das Sammeln von Informationen, die Risikobewertung und gegebenenfalls das Ergreifen von Maßnahmen zur Risikominderung.
- Erstellung und Einreichung der Sorgfaltserklärung
- Schulung und Sensibilisierung: Mitarbeiter und Lieferanten sollten über die Anforderungen der EUDR informiert und geschult werden.
- Dokumentation und Berichterstattung: Alle relevanten Informationen müssen dokumentiert und jährlich öffentlich berichtet werden. Für Unternehmen, die von der CSRD betroffen sind, entsteht die Möglichkeit, dies im Lagebericht zu verankern.
Fazit zur EUDR
Die EUDR stellt Unternehmen zweifellos vor neue Herausforderungen – insbesondere im Bereich der Rückverfolgbarkeit, Datenerhebung und Lieferkettenanalyse. Doch gleichzeitig eröffnet sie die Chance, systematisch Risikofaktoren in der Lieferkette zu identifizieren und zu minimieren. Durch eine fundierte Risikobewertung und wirksame Risikominderungsmaßnahmen können Unternehmen nicht nur regulatorische Vorgaben erfüllen, sondern auch operative Schwächen erkennen, Partnerschaften stärken und langfristige Stabilität aufbauen.